Im Schloss der schlafenden Vampire by Wolf Stefan

Im Schloss der schlafenden Vampire by Wolf Stefan

Autor:Wolf, Stefan [Wolf, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


„Wir suchen weiter!“, verfügte Tim.

Es gab noch vier abzweigende Wege, die aber für Autos unpassierbar waren. Umgestürzte Bäume und Steinbrocken, groß wie Internats-Nachtschränke, versperrten sie. Zudem dunkelte es jetzt. Spurensuche unter den Bäumen war nicht mehr möglich.

Die Jungs sockten zum Dorf zurück.

Am Waldrand, wo das Heymwacht-Grundstück mit luftigem Maschenzaun endete, bemerkte Tim einen Mann. Er saß auf einer Bank, äugte offenbar verträumt in die Abendsonne, die jetzt hinter den Horizont sank, und hielt ein kleines Radio in der Hand.

Nein, kein Radio. Mit dem zweiten Blick erkannte Tim ein Handy.

„Guckt mal, der Typ da!“ Tim wies mit dem Kinn. „Sieht aus wie der Schlossverwalter.“

„Ist er aber nicht“, sagte Karl.

„Könnte der Bruder sein“, meinte Klößchen, „falls der einen hat. Jedenfalls der gleiche Quetschkopf. Hoffentlich nehmen sie’s ihren Eltern nicht übel.“

„Kinder können nichts für ihre Eltern“, sagte Tim. „Umgekehrt schon eher — was dann an der Erziehung liegt. Aber nicht nur. Im Übrigen vererben sich Talente wie auch Untugenden nicht nur von einer Generation auf die nächste, sondern tauchen auf aus grauer familiärer Vorzeit — als Vermächtnis von Altvorderen, die man nicht mal mehr dem Namen nach kennt. So ist dann in einer Sippe plötzlich eine Genie oder ein Killer — und alle zeigen respektvoll oder empört mit dem Finger auf die Eltern.“

„Mag wohl sein“, nickte Klößchen. „Aber mein Vater ist verfressen und ich bin’s auch. Von meiner diätfreudigen Mama habe ich diesbezüglich überhaupt nichts geerbt.“

Sie gingen an der Heymwacht-Villa vorbei. Vor den Garagen stand jetzt ein weinroter Audi, den Tim sofort erkannte. Und zwar am städtischen Kennzeichen.

„Da! Der Audi! Kommissar Lützen ist angekommen. Sobald wir was haben, nehmen wir Kontakt auf.“

„Ist das sein Privatwagen?“, fragte Karl. „Na, warum auch nicht. Das gibt Kilometergeld.“

Hinter der Villa kam jetzt ein Mann im grauen Overall hervor und schob einen elektrischen — aber ausgeschalteten — Rasenmäher über asphaltierten Boden zu einem Geräteschuppen. Offenbar hatte der Rasen auf der anderen Seite des Grundstücks — wo nicht die Hühnerfutter-Fabrikation war, sondern privat — seinen Golfschnitt erhalten. Der Mann fiel Tim auf, denn er war ungewöhnlich dürr und groß. Seine Haltung war katastrophal: Rundrücken, hängende Schultern, Schlurfbeine mit Knickknien. Dabei war der Typ höchstens 30 und qualmte einen Sargnagel im Mundwinkel. Langes, rotblondes Haar war zum Pferdeschwanz zusammengebunden. Mann und Rasenmäher verschwanden im Schuppen.



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